Die Studierende Elisa Weil hat während ihres mehrmonatigen Praktikums bei PiK eine kleine Forschungsstudie mit dem Thema `Geschwisterbeziehung zwischen leiblichem Kind und Pflegekind´ durchgeführt. Sie beschäftigt sich mit der Frage, wie sich die Beziehungspraxis in einer solchen Geschwisterkonstellation im Alltag gestaltet.

Elisa Weil, die nun bereits im Masterstudium Erziehungswissenschaften an der Universität Marburg studiert, ist es gelungen, durch transparente und vertrauensvolle Vorgespräche, eine Gruppe von Pflegefamilien für ihre Studie zu gewinnen.

Bei den Ergebnissen wurde insgesamt deutlich, dass sich die Geschwisterbeziehung zwischen Pflegekind und leiblichem Kind nicht wesentlich von einer Geschwisterbeziehung unter leiblichen Kindern unterscheidet. Eine wichtige Erkenntnis der Studie ist, dass Geschwisterbeziehungen auch gut funktionieren können, wenn das Pflegekind älter als das leibliche Kind ist, bzw. wenn das leibliche Kind erst geboren wird, wenn das Pflegekind bereits in der Familie lebt. Einer der Gelingensfaktoren für eine Geschwisterbeziehung lag darin, dass insbesondere die Zugehörigkeit des Pflegekinds zur Familie vom leiblichen Kind nicht hinterfragt wird und dass das Pflegekind sich im Familiensystem schon integriert fühlt, wenn das leibliche Kind geboren wird. Auch durch ein nahes Alter zwischen den Geschwisterkindern kann die Beziehung durch den kindlichen Humor und gemeinsame Spielerlebnisse gestärkt werden. Allgemein können Charaktereigenschaften der Kinder, die zueinander passen, und einfache Verhaltensweisen vom Pflegekind Einflussfaktoren für eine gelingende Geschwisterbeziehung zwischen Pflegekind und leiblichem Kind sein. Es zeigte sich, dass, desto schwierigere Verhaltensweisen das Pflegekind mitbrachte, desto schwieriger gestaltete sich anschließend die Geschwisterbeziehung.

Unterschiedliche Ressourcen unter den Geschwistern können ausgetauscht werden. Aus diesen Unterschieden heraus entstehende Lernprozesse fördern die kindliche Entwicklung untereinander. Für eine gelingende Geschwisterbeziehung ist die Vorbereitung der leiblichen Kinder auf das Pflegekind ein elementarer Aspekt, um Konflikte und Widerstand vorzubeugen. Eine realistische Vorbereitung impliziert das Darlegen von positiven und herausfordernden Szenarien im Alltag. Ebenfalls impliziert sie das Wissen darüber, dass es zunächst eine Phase der Gewöhnung für alle Familienmitglieder braucht. Zudem sollten die Gefühle und Unsicherheiten der leiblichen Kinder von den Eltern aufgefangen werden, um die Basis für eine positive Geschwisterbeziehung zu legen. Herausfordernde Facetten in der Geschwisterbeziehung zwischen Pflegekind und leiblichem Kind können Nicht-Akzeptanz und körperliche Auseinandersetzungen sein. Bei problematischen Verhaltensweisen oder Beeinträchtigungen vom Pflegekind sowie unterschiedlichen Charakterzügen bzw. Interessen ist dies häufiger der Fall. Grundlegend konnte gezeigt werden, dass Geschwisterbeziehungen zwischen leiblichen Kindern und Pflegekindern durch positive Facetten und Herausforderungen gekennzeichnet sind, was sich mit Geschwisterbeziehungen unter leiblichen Geschwistern ähnelt.

Diese aktuell durchgeführte qualitative Forschungsstudie (2023/24) ist in ihrer Aussagekraft allerdings eingeschränkt. Die Ergebnisse sind aufgrund der sehr kleinen Stichprobe nicht repräsentativ. Dennoch bietet diese Studie Hinweise, welche zum Überdenken der bisherigen Standards zur Vermittlung von einem Pflegekind in Familien mit leiblichen Kindern dienen könnte. Unter anderem kann der Standard hinterfragt werden, dass ein Pflegekind stets das jüngste Kind sein soll und es einen Altersabstand von mindestens zwei Jahren geben muss. Die Potenziale unterschiedlicher Familienkonstellation bezogen auf die Geschwisterposition vom Pflegekind bedarf deswegen weiterer Forschung.

Wir bedanken uns bei Frau Weil für ihre Beobachtungen und diesen wissenschaftlich basierten Beitrag zu unserer vielschichtigen Arbeit mit Pflegefamilien.